„…Vis-à-vis – Sibirisch-bayrische Künstlerfreundschaft Eine Begegnung zwischen russischer Abstraktion und westlich geprägten sozialen Realismus – Ausstellungseröffnung durch Thomas Goppel Eresing ist ein beschauliches Dorf an der Grenze zwischen Oberbayern und Schwaben, verschont geblieben von Mobilfunkmasten, ein Funkloch nur über Satellitenschüsseln mit der Welt verbunden, aus der schon manch geübter GPS-Reisender als verschollen gemeldet wurde. In dieses bayerische Hinterland, eine halbe Fahrradstunde vom Ammersee und ein Spaziergang vom ehrwürdigen Benediktinerkloster St. Ottilien entfernt, hat sich vor einigen Jahren der Künstler Alexander Ewgraf aus Irkutsk niedergelassen. Ewgraf wartete nicht auf Integration, sondern drehte den Spieß um, er integrierte das Dorf in sein soziales Leben und seine Kunst, indem er zum Beispiel die Landwirte und Handwerker als Sponsoren für sein Katalogprojekt gewann. Ihm gegenüber am Dorfplatz, im Schatten der von Dominikus Zimmermann gebauten St. Ulrichskirche, wohnt der bayrische Theater- und Kunstmaler Karl Witti, bekannt u.a. für seine Arbeiten für die Oberammergauer Festspiele. Karl Witti, geprägt durch die politischen Erfahrungen der 1960er Jahre, ist ein Vertreter des sozialen Realismus westlicher Provenienz. Eines seiner Hauptthemen ist die „Rückkehr der Wälder“ und zeigt, wie in einer fernen Zukunft die Natur sich die Zivilisation zurückerobert indem sie Flugplätze, Autobahntrassen, Wohnsilos und selbst Kirchen überwuchert. In den Ruinen unserer Zivilisation erweckt Witti nomadische Urkulturen, exotische Pflanzenarten und Tiere zum Leben und so entsteht eine Art postindustrielles Arkadien aus einer beunruhigenden Zeitperspektive. Alexander Ewgraf ist dagegen ein Vertreter einer gestischen abstrakten Malerei für die er sich – ebenfalls aus politischen Motiven – nach Öffnung der Sowjetunion entschied. Ewgraf, aufgewachsen in der Nähe vom Baikalsee, studierte Kunst an der Universität in der sibirischen Metropole Irkutsk, bekannt für seine intellektuelle Kultur durch politisch Verbannte. Als Leiter des städtischen Museums, ein politisches Amt, organisierte er Ausstellungen zu nationalen und politischen Themen. Nach der Perestroika 1989 macht er sich zunächst mit Erfolg als Mode-Designer selbstständig, wechselte schließlich in den Westen, arbeitete im Bereich der Werbung und begann von neuem seinen künstlerischen Weg, diesmal im Freiheitsraum der abstrakten Malerei. Die Künstler lerntensich mit Vorbehalten kennen, aber Kunst, definiert als eines der wirksamsten Formen von Sozialisierung, tat auch hier seine Wirkung. Das Ergebnis dieser Annäherung, ohne die eigenen Positionen zu verändern, kann jetzt in einem zum Atelier umfunktionierten alten Werkstatt- und Wohngebäude in Eresing besichtigt werden. Staatsminister Thomas Goppel wird die ungewöhnliche Ausstellung mit dem Titel „Vis-à-vis – von Angesicht zu Angesicht“ eröffnen. (Ausstelllung 14. – 22 Juli 2007, 86922 Eresing, Kirchstr. 4) …“In dieses bayerische Hinterland, eine halbe Fahrradstunde vom Ammersee und ein Spaziergang vom ehrwürdigen Benediktinerkloster St. Ottilien entfernt, hat sich vor einigen Jahren der Künstler Alexander Ewgraf aus Irkutsk niedergelassen. Ewgraf wartete nicht auf Integration, sondern drehte den Spieß um, er integrierte das Dorf in sein soziales Leben und seine Kunst, indem er zum Beispiel die Landwirte und Handwerker als Sponsoren für sein Katalogprojekt gewann…“
Christian Burchard